068 - Martin Paz by Jules Verne
Autor:Jules Verne [Verne, Jules]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-03-29T04:00:00+00:00
Taverne der indianischen Verschwörer
Die Indianer sammelten sich auf diesem Platze nur zu bestimmten Stunden, wenn sich eine lange Stange als Signal auf dem Dache jenes Hauses erhob. Dann traten Eingeborene jeder Profession, Pfadfinder, Maultiertreiber, Wagenführer usw. einer nach dem anderen ein, und verschwanden sofort in dem größten Zimmer des Hauses. Die Wirtin schien ganz besonders beschäftigt, überließ der Dienerin die Besorgung der gewöhnlichen Gaststube und eilte, bei jenen selbst aufzuwarten.
Einige Tage nach dem Verschwinden Martin Paz’ versammelte sich in dem Saale der Herberge eine zahlreiche Gesellschaft. Kaum vermochte man in dem Halbdunkel, das die Tabakswolken noch undurchdringlicher machten, die Stammgäste der Schenke zu unterscheiden. Gegen fünfzig Indianer saßen um einen langen Tisch; die einen derselben kauten eine Art Teeblätter, welche mit ein wenig wohlriechender Erde vermischt waren, die anderen tranken aus großen Gefäßen den gegorenen Mais; diese Beschäftigungen zerstreuten sie aber keineswegs, und alle hörten aufmerksam der Rede eines Indianers zu.
Der Sambo, dessen Blicke eine eigentümliche Starrheit zeigten, hatte eben gesprochen.
Nachdem er seine Zuhörer sorgfältig gemustert, fuhr Sambo in seiner Rede fort:
»Die Söhne der Sonne können jetzt von ihrer Angelegenheit sprechen; kein verräterisches Ohr vermag sie zu belauschen. Einige unserer Freunde leiten als Straßenfänger verkleidet die Aufmerksamkeit der Vorübergehenden ab, und wir genießen hier einer vollkommenen Freiheit!«
Wirklich klangen die Töne einer Mandoline von draußen herein.
Die Indianer in der Schenke, welche sich in Sicherheit wußten, widmeten den Worten des Sambo, dem sie blindlings vertrauten, die größte Aufmerksamkeit.
»Was kann uns der Sambo neues mitteilen über Martin Paz?« fragte ein Indianer.
»Noch nichts. Ist er tot oder nicht…? Das kann nur der große Geist allein wissen. Ich erwarte einige unserer Brüder, welche bis zur Mündung des Flusses hinabgegangen sind. Vielleicht haben sie den Körper Martin Paz’ gefunden!«
»Er war ein wackerer Häuptling!« sagte Manangani, ein wilder und sehr gefürchteter Indianer. »Weshalb war er aber nicht auf seinem Posten an dem Tage, als die Goelette uns die Waffen brachte?«
Der Sambo antwortete nicht, sondern senkte den Kopf.
»Ist es meinen Brüdern unbekannt«, fuhr Manangani fort, »daß zwischen der Annonciation und der Hafenwache Schüsse gewechselt worden sind, und daß die Wegnahme des Fahrzeuges beinahe alle unsere Pläne zunichte gemacht hätte?«
Ein beifälliges Murmeln folgte den Worten des Indianers.
»Diejenigen meiner Brüder, welche mit ihrem Urteile nicht zu rasch sein wollen, werden mir willkommen sein!« erwiderte der Sambo. »Wer weiß, ob mein Sohn Martin Paz nicht eines Tages wiederkehren wird…! Vernehmt jetzt: Die Waffen, welche uns von Sechura gesandt wurden, sind in unserer Gewalt, sie sind in den Bergen der Cordilleren verborgen und zum Gebrauche fertig, wenn ihr bereit sein werdet, eure Pflicht zu tun!«
»Und wer hält uns zurück?« rief ein junger Indianer. »Unsere Messer sind geschliffen, wir erwarten das Losungswort.«
»Laßt die Stunde herankommen«, entgegnete der Sambo. »Wissen meine Brüder, welche unserer Feinde ihre Arme zuerst treffen sollen?«
»Die Mestizen, welche uns wie Sklaven behandeln«, sagte einer der Nebenstehenden, »jene Unverschämten, die uns mit der Hand und der Peitsche züchtigen, wie widerspenstige Maultiere!«
»Nein«, antwortete ein anderer, »die Wucherer, welche alle Reichtümer des Landes an sich ziehen.«
»Ihr täuscht euch, eure ersten Angriffe müssen nach anderer Seite gerichtet sein«, fiel der Sambo lebhafter ein.
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